DJ Johnny O, aka The Wolf, ist heute Senior Selector beim Disco Digger Kollektiv Lague Moin. In den 90ern hat er einige Tribal Tracks produziert, die gerade in Serie wiederentdeckt und wiederveröffentlicht werden.
„Munich Afro-Cosmic“ überschreibt das Label Kalahari Oyster Cult den Beipackzettel einer gerade erschienenen EP mit zwei neuen Remixes und einem Original-Track des Münchner Tribal Projekts Tamburá. Mitte der 90er hatte DJ Johnny O, damals noch als DJ Otti, gemeinsam mit Jaypee und DJ Jerry aus Bozen unter diesem Namen drei Tracks produziert, die das Amsterdamer Label nun wiederveröffentlicht. Als Techno im wiedervereinten Berlin gerade explodierte und sich von dort aus aufmachte, die Welt zu erobern, setzte Tamburá statt auf schnelle, gerade Beats auf synkopische Percussions und pitchte diese auf 90-110 bpm herunter. Aufgekommen war dieser zunächst „Afro-Cosmic“ und später „Tribal“ genannte Ansatz bereits Ende der 70er in Italien, wo DJs den dominierenden Disco-Sound mit Einflüssen aus New Wave, Weltmusik, Funk, Space Rock und Electronica vermengten. Eine zentrale Rolle spielten dabei analoge Percussions und vielschichtige Samples, was in der elektronischen Musik Anfang der 90er gerade so gar nicht dem Zeitgeist entsprach.
Überwältigend war die Resonanz auf Tamburá 1994 dann auch nicht, aber dennoch gründeten DJ Otti und JayPee im gleichen Jahr das Label Global Rhythm Records. In den nächsten vier Jahren veröffentlichten sie darauf insgesamt zehn EPs und eine LP. DJs wie Stefan Egger, Yano oder Corrado, die maßgeblich dazu beitrugen, dass Afro-Cosmic über die Alpen schwappte, spielten die Platten und sie wurden zu einer tragenden Säule einer kleinen Szene, die sich zwischen Norditalien, Österreich und Süddeutschland etablierte. Die meisten Releases auf Global Rhythm Records kamen von The New Morning, einem Projekt, an dem DJ Otti erneut maßgeblich beteiligt war und dessen 15 Tracks umfassendes Œuvre nun ebenfalls neu veröffentlicht wird. Die Retrospektive erscheint Anfang des Jahres beim englischen Reissue-Label Emotional Rescue und wird drei Platten mit jeweils sechs neuaufgelegten und einem bisher unveröffentlichten Track umfassen. Außerdem wird The New Morning auf einer bald erscheinenden 90s Afro-Cosmic Compilation des Pariser Labels Antinote vertreten sein. Ein umfassendes Revival also, das zeigt, dass den Crate-Diggern in Zeiten von Discogs, Streaming- und Video-Portalen wirklich keine Perle mehr verborgen bleibt. Vor allem aber zeigt es, welch wegweisenden Sound DJ Otti und Kollegen auf Global Rhythm Records Mitte der 90er von München aus in die Welt geschickt haben
für: superapaper