H: DIY-Quickie


Leo Hopfinger und Tom Simonetti wollten in der Giesinger Echokammer eigentlich neue Songs ihrer Band Rhytm Police aufnehmen. Gemeinsam mit Studiobetreiber Albert Pöschl entstand dabei das krautig-jazzige DIY-Projekt H. 

Leo Hopfinger und Tom Simonetti machen seit über 2o Jahren zusammen Musik. Zunächst bei Mongkong und in der Leroy Schlimm Band. Ohne Band produzierte Leo unter diesem Alias auch zahlreiche gefeierte Edits, bevor er als LeRoy – ohne Schlimm – die internationale Lo-Fi Pop-Szene in Glückseligkeit versetzte. Im Laufe der Jahre gründeten die beiden die Elektro-Folk Kombo Das Hobos und die Indietronic Band Rhytm Police, deren 10-jähriges Bestehen sie im vergangenen Jahr mit einigen neuen Songs feiern wollten.

Ohne großen weiteren Plan ging es zu diesem Zweck in die Echokammer, einer zum Studio umgebauten Gartenlaube, nach München Giesing. Nichts Ungewöhnliches, vielmehr die übliche Routine, denn die beiden gehen in all ihren Projekten bewusst ungeplant ans Werk und vertrauen auf ihr Improvisationstalent und die Magie des Augenblicks. Kalkulierte Unperfektion, die auch durch das fehlende „H“ im Bandnamen Rhytm Police transportiert wird. Überdies eine Maxime, die sie mit Albert Pöschl, dem Betreiber der Echokammer, gemein haben: „Es muss schnell gehen und Spaß machen“, hat er über seine Arbeit im Studio einmal gesagt. „Wie ein Kind, das schnell zu einem Ergebnis kommen will.“ So hat er es beispielsweise auch bei den Elektro-Pop Bands Dis*ka und Queen of Japan gehalten, die er in der Echokammer aufgenommen und auf dem namensgleichen Label veröffentlicht hat. Albert, Leo und Tom teilen nicht nur die Vorliebe für schnelles Aufnehmen, sondern auch die für langsam überbordende Klangexperimente. So standen am Ende zweier Studio-Nachmittage keine Jubiläums-Songs von Rhythm Police sondern ein ganzes Album, das die drei zusammen eingespielt haben. Auch das fehlende „H“ ist bei dieser Gelegenheit aufgetaucht und firmiert nun als Name für die neue Band und ihr gerade erschienenes Debüt.

Dieses Debüt umfasst neun Songs von denen jeder ein eigenes kreatives Koordinatensystem bildet. Die Quantensprünge die die drei Musiker darin vollbringen, führen von schamanischen Zeremonien mit allerlei Klangrohren und fiebrigen Field-Recordings bis zu Jam-Sessions an japanischen Stränden. In Summe ergibt dies einen Spross aus Free-Jazz, Krautrock und DIY-Pop, der hypnagogisch zwischen Weltmusik und kosmischen Synthie-Experimenten oszilliert. Aus den Nebelschwaden schälen sich immer wieder tröstende Bass- und Gesangs-Melodien, die inhaltlich um eine Idee von Heimat kreisen. Nicht die „Heimat“, die der braune Klüngel in stumpfer Abkapselungs-Ideologisierung vor sich herträgt, und auch nicht die, die von der Musikindustrie unter dem schlimmen Label „Heimatsound“ weidlich ausgeschlachtet wird. Leos Texte schließen vielmehr aus der Umkehrung. So muss am schönen „Alpensee“ außer der Luft gar nicht unbedingt alles „okay“ sein und sich Heimat, auch wenn es „nebenan zieht“, weder durch Abgrenzung, noch durch einen bestimmten Boden definieren. Viel eher schon durch die Sonne, die bekanntlich auf alle scheint und ohne die es „ziemlich dunkel“ aussähe.

 
Beziehen könnt Ihr das Album seit 30. August als Vinyl, CD oder Digital Release über SubUp Indigo. Und natürlich beim Plattenladen Eures Vertrauens. Bei Bandcamp gibt es zudem noch die letzten Exemplare der 50 handnummerierten und mit „H“-Stencils handbesprühten Special Editions der Platte. Ein seltenes Stück Münchner Subkultur. Mit Farbgeruch. Direkt aus einer Giesinger Gartenlaube. Macht besser schnell!