Der Superrave ist zurück im Münchner Backstage. Und mit ihm Exil-Berliner Martin Gretschmann a.k.a Acid Pauli, der bei dieser Gelegenheit sein famoses neues Album „BLD“ vorstellen wird.
Acid Pauli – das war lange Jahre die DJ-Identität des aus der Nähe von Weilheim stammenden Musikers Martin Gretschmann. Ein leichtfüßiger Ausgleich zum Leben im Pop-Mythos The Notwist. Gemeinsam mit den Brüdern Markus und Micha Acher hatte Gretschmann um die Jahrtausendwende jene großartige und prägnante Mischung aus Indie-Rock und vertracktem Elektro geschaffen, die als Weilheim-Sound in die urbane Musikgeschichte einging und New Yorks Plattenläden dazu veranlasste, die Rubrik „Bands that sound like The Notwist“ einzuführen. Zuvor hatte Gretschmann bereits als Console erste Songs und Alben beim Weilheimer Label Payola veröffentlicht, darunter auch „Rocket in the Pocket“ mit der nachträglichen Hit-Single „14 Zero Zero“. Es folgten unzählige Remixe für Künstler von Tocotronic bis Depeche Mode, ein Song auf Björks Album „Vespertine“ und natürlich die Mitgliedschaft in zahlreichen Bands aus dem Weilheimer Kosmos.
Kurz nach dem wichtigsten Console-Album „Live at the Centre Pompidou“ und kurz vor dem wichtigsten The-Notwist-Album „Neon Golden“ juckte es Gretschmann aber offensichtlich im Flitzefüßchen und er rief Acid Pauli ins Leben: Einen Liveact, der funktionieren sollte wie ein DJ-Set, und ihm auch für etwas plumpere Edits und Remixe Raum ließ. Etwa für „I See A Darkness“, mit dem er 2004 auch prompt einen ersten Club-Hit landete. Neben dem anhaltenden Erfolg mit The Notwist wurde Gretschmann als Acid Pauli gefeierter Resident in der Berliner Bar 25 und eröffnete in München gemeinsam mit Upstart und anderen Kolleginnen und Kollegen die Rote Sonne.
Das erste Acid Pauli Album „mrt“ erschien schließlich 2012 auf Nicolas Jaars damaligem Label Clown & Sunset. Auch wenn die Platte nach eigener Aussage die Essenz eines 20-stündigen DJ-Sets sein sollte, entfernte sich Gretschmann damit schon recht deutlich vom ravigen Stoff aus der Frühzeit des Aliases. Das detailverliebte, fast jazzige, Ausreizen jedes Fiepens und Pfeifens erinnerte eher an die fragile Melancholie von The Notwist – die Gretschmann 2014 verließ – als an die ekstatisch gute Laune seiner Bar 25 Sets. Auf dem nun erschienen zweiten Album „BLD“ sind die Verweise zum Dancefloor zwar immer noch subtil, aber unverkennbar. „BLD“ bedient sich der Ästhetik des House und Minimal-Techno, verzichtet jedoch auf ein entscheidendes Element dieser Genres: die Kickdrum. Was sich liest wie ein verkopftes Konzeptalbum fürs Musik-Feuilleton, klingt erfreulicherweise eher wie ein traumreiches Nickerchen auf einem moosigen Waldboden, das mal von einem vorbeiziehenden Gewitter und mal von den wärmenden Strahlen der Frühlingssonne unterbrochen wird. Vom ersten Loop an entwickelt „BLD“ einen sanften Sog, der uns immer tiefer in Gretschmanns verspielt-verspulten Äther hineinsinken lässt.
Ob am 25. Mai zur Feier des Superraves live nicht doch die eine oder andere Kickdrum hinzukommen wird, bleibt abzuwarten. Unterstützt wird Acid Pauli jedenfalls von niemand geringerem, als dem Mann mit den „blessed magical DJ-fingers“: KosiKos, dessen Pampa Label-Kollegen Die Vögel und der genauso kompromisslosen wie feinsinnigen Berghain- und Golden-Pudel-Residentin Helena Hauff. Mehr Superrave geht nun wirklich nicht! Und apropos Pudel: Wenn Ihr der FC Bayern seid, veranstaltet doch ruhig mal ein Benefizspiel für das wirklich wichtige St. Pauli und wenn nicht, haut auf pudel.com einfach Eure eigenen Euros auf den Kopf, damit die Elbphilharmonie der Herzen schnell wieder aufgebaut werden kann. Rave on!
Acid Pauli beim Superrave 2013. Bild: Superrave
für: superpaper