DIIV: Is The Is Are

Cole Smith und seine Band DIIV machen endlich wieder mit Musik Schlagzeilen. Und auch für eine Europa-Tournee scheint die Kraft zu reichen – ihr großartiges neues Album „Is The Is Are“ stellen die New Yorker Shoegazer am 01. April auch im Münchner Orangehouse vor.

Cole Smith im Frühjahr 2013 auf einer Couch. Bild: John Kelly

Cole Smith hat bewegte Jahre hinter sich: Angefangen hat alles im Angelica Kitchen, einem veganen Restaurant, in dem sich die Musikerinnen und Musiker des New Yorker East Village auf ein Kasein- und Eiklarfreies Fläschchen Roten treffen und Konzerte spielen. Cole half dort nicht nur in der Küche aus, sondern auch an der Gitarre und ging mit einigen der Bands, wie den Beach Fossils oder Soft Black, sogar auf Tour. Nebenher arbeitete er an eigenen Songs für sein Soloprojekt Dive – benannt nach dem Opener von Nirvanas B-Seiten Compilation „Incesticide“. Für eine Tour und erste Studioaufnahmen stellte er sich 2011 eine Band bestehend aus seinem Sandkastenfreund Andrew Bailey, dem früheren Smith Westerns Schlagzeuger Colby Hewitt  und dem Bassisten Devin Ruben Perez zusammen. Aus der Live Band wurde eine feste Band und, nach kleinen orthographischen Änderungen im Zeichen der Hipness, schließlich eine feste Band mit dem Namen DIIV.  Auch Coles Musik zwischen Dream Pop und Shoegaze traf den Zeitgeist ziemlich auf die Zwölf und so entfachte das Debüt „Oshin“ im Jahr 2012 einen ersten kleinen Hype. Die Weichen schienen gestellt, doch Coles sensibler Künstlerseele kamen andere Dinge in die Quere. Beispielsweise Modeljobs für Saint Laurent, aber auch die Sängerin Sky Ferreira und ein Riesenhaufen Drogen mit dem das Paar 2013 auf der Rückbank von Coles Wagen erwischt wurde. Vor allem aber die Drogen, mit denen er nicht erwischt wurde. 2014, kurz vor oder besser nach dem Zusammenbruch, blieb als letzter Ausweg ein Umzug nach Connecticut. In ein Haus, in dem – als prominentestes und traurigstes Beispiel – auch Philip Seymour Hofmann öfter zu Gast war. Schon während des Entzugs arbeitet Cole dort an neuen Songs. Zurück in Brooklyn und clean – zumindest vom Heroin, wie es heißt – schrieb er weiter und weiter,  bevor er sich mit einer großen Auswahl an Material wieder mit den alten Kollegen traf. Auch die hatten in der Zwischenzeit nicht gerade positive Schlagzeilen gemacht: Ruben Perez hatte sich vor lauter Langeweile mit selbstverliebten, homophoben, rassistischen und misogynen Kommentaren in Internetforen als minder bemittelter Troll geoutet. Nachdem er etwas Reue zeigte, war dies für Cole offenbar entschuldbar, anders als die Eskapaden des „hardcore, fucking drug addict“ Colby Hewitt. Er wurde, vielleicht auch um Coles eigene Prognose zu verbessern, durch den früheren Studioschlagzeuger Ben Newman ersetzt. Alles sollte passen, denn Cole maß der Fertigstellung und Qualität des Albums einen außerordentlichen Wert bei. Nachdem "Is The Is Are" Anfang Februar, nach einigen verfrühten Ankündigungen und Teasern, endlich erschienen war, ließ er uns wissen:


„I knew it was going to take a really good album to save me. […] If I didn’t make a great record, then I’m done. That’s it. I’m fucked.”


Sehr gut also, dass das Album ein wirklich großes geworden ist. Und auch ein recht umfangreiches: 17 Songs lang mäandern ein stoisches Schlagzeug und eine ruppig-bröselnde Gitarre dahin, ohne sich je groß zu erheben. Statt Konfetti und eingängigen Refrains setzen DIIV auf ätherisch-hypnotisches Understatement und so schälen sich mit jedem Durchlauf von „Is The Is Are“ neue Qualitäten und Referenzen heraus. Die verschiedenen Einflüsse von Neu! bis Sonic Youth ziehen immer wieder fast unmerklich auf und zerfallen im Windhauch des nächsten Gitarren Jangle.





Der sperrige Titel übrigens stammt aus einem Gedicht des französischen Künstlers Frederick Deming, der auch das Artwork zur Platte beigesteuert hat:


“Hear is their // Story, we is you // Is the is are”


Am 01. April spielen DIIV im Münchner Orangehouse. Lasst Euch das besser nicht entgehen – wer weiß, wann es nochmal die Gelegenheit gibt!


Nachtrag: DIIV haben das Konzert in München und die restliche Tour wegen "akuter gesundheitlicher Probleme" abgesagt. Leider kein Aprilscherz.



Für: superpaper