Ganz allmählich werden die Nächte kürzer, die Strumpfhosen
dünner und die Ausschnitte tiefer. Bevor uns die Hormone endgültig wieder Gassi
führen, hält der März einige Konzerte bereit, die den Dopaminspiegel schonmal
auf ein ordentliches Niveau bringen: Unter anderem geben sich Anna Calvi, die
Chvrches, Black Star und, wenn er es einrichten kann, auch Pete Doherty mit den
Babyshambles die Ehre. Ein besonderes Knistern liegt aber ob der bevorstehenden
Auftritte von Earl Sweatshirt und Darkside in der Luft.
Hinter Darkside stecken der Elektroproduzent Nicolas Jaar
und der Multiinstrumentalist Dave Harrington. Nicolas, der in New York geborene
Sohn des chilenischen Künstlers Alfredo Jaar, hat sich 2011 mit seinem Debütalbum
„space is only noise“ direkt in den Olymp der elektronischen Popmusik
katapultiert. Er fügte so unterschiedliche Musikwelten wie Mille Plateaux,
Factory Records oder Mo´Wax zu einem wundervoll entschleunigten, schummrig
düsteren Klangkosmos zusammen und knipste in den Clubs der Welt das Rotlicht
an.
Für Darkside hat er sich nun mit seinem Tour-Gitarristen
Dave Harrington zusammengetan. Gemeinsam arbeiten die beiden recht erfolgreich
daran, die Grenzen zwischen akustischer und elektronischer Musik endgültig
einzureißen. Auf ihrem großartigen Debütalbum „Psychic“ betten sie Fragmente
psychodelischer und progressiver Gitarrenmusik in eine zurückhaltende
elektronische Umgebung, die die 100 BPM Marke nur selten überschreitet. Raum
und Zeit verlieren sich in Verfall und Einsamkeit, aber auch in Sinnlichkeit
und Euphorie. Der Sexappeal Jaar´s herabgepitchter Arrangements wird durch
Harrington´s moduliertes Gitarrenspiel nochmal ein Stück nach oben gefahren. Dass
ihre Musik keineswegs – wie so oft geschrieben – nur Kopfhörermusik ist, werden
die beiden am 15. März in der Muffathalle unter Beweis stellen.
Bereits einen Tag später ist es Zeit die Beanies in den
Schrank zu packen und die 5 Panel Caps zu entstauben: das Hip Hop Wunderkind
Earl Sweatshirt ist in der Stadt.
Auch Earl stammt aus einer Künstlerfamilie – sein Vater ist
der südafrikanische Dichter und Aktivist Keorapetes Kgositsile. Und auch Earl
ist ein grandioser, ein intelligenter Musiker, einer über den die Zeitungen
gerne schreiben – heißer Feuilletonscheiß. Entdeckt wurde der damals 15 jährige
2009 von Tylor the Creator via Myspace. Earl schloss sich Tylor´s Odd Future
Wolf Gang an und veröffentlichte ein Jahr später sein selbstbetiteltes und
vielbeachtetes Debüt. Dass er kurz danach von der Bildfläche verschwand, weil
ihn seine Mutter zur Marihuana-Entwöhnung auf ein therapeutisches Internat in
Samoa schickte, beförderte den Hype um seine Person nur noch mehr. Eine „Free
Earl“ Bewegung wurde ins Leben gerufen und als er 2012 mit dem Versprechen
wieder auftauchte, einen Track zu veröffentlichen, wenn ihm 50.000 Menschen bei
Twitter folgen würden, war dies drei Stunden später der Fall. Earl war also
zurück und legte 2013 sein zweites Album „Doris“ vor. Ein ganz großer Wurf, der
genauso leichtfüßig wie schwer bedrohlich um die Ecke kommt. Die reflektierten,
autobiographischen Texte strotzen vor Wortwitz und Doppeldeutigkeiten und haben
mit früheren Vergewaltigungsphantasien und dem von Odd Future proklamierten
„kill people, burn shit, fuck school“ nur noch wenig gemein. Earls
routinierter, punktgenauer Flow macht Hooks überflüssig und erlaubt ihm irrwitzige
Metren und Verschiebungen – völlig zu Recht wird der 19-Jährige bereits in einem Atemzug mit den ganz Großen des Rap-Business genannt.
Überzeugen könnt ihr euch von all dem Talent auf einem von nur zwei Deutschlandterminen am 16.März im Strøm. Unweit der Donnersbergerbrücke übrigens – einem guten Ort für ein kleines Erinnerungsvideo, wie die Odd Future Jungs sicher von Method Man erfahren haben. Ganz besonders in frühlingsfrischer Farbenpracht… All colours are beautiful.